• Highlights
    Wie klang das vor 500 Jahren?

    Das Ensemble Astrophil & Stella mit Johanna Bartz (2. v. r.), Foto: © Guilherme Barroso

    PROZ, Oktober 2025, S. 15

    Lukas Nussbaumer

    Astrophil & Stella hauchen Musik aus dem 16. Jahrhundert neues Leben ein. Gegründet hat das Ensemble Johanna Bartz, die an der Schola Cantorum Basiliensis Renaissance­traversflöte unterrichtet.

    Es hat sich so ergeben, dass das Standardrepertoire der sogenannt klassischen Musik um das Jahr 1600 beginnt. Eigentlich bedauerlich, denn Musik gab es auch vorher schon. Und sie war auch vorher schon hörenswert.

    Wer sich ein akustisches Bild davon machen möchte, findet eine Antwort beim Ensemble Astrophil & Stella, das vor Kurzem sein erstes Album «a garden of black flowers» veröffentlicht hat. Darauf sind Motetten, Chansons, Madrigale und Diminutionen aus dem Oberitalien des 16. Jahrhunderts versammelt – Musik der Spätrenaissance. Gespielt wird sie von einer Renaissance-Traversflöte, zwei Gamben und einer Harfe. Ein Instrumentalensemble für Stücke aus vokalen Gattungen? «Es war in der Zeit üblich, dass sich Instrumente die Vokalmusik angeeignet und die Gesangsmelodien gespielt und ausgeziert, also diminuiert haben», sagt Traversflötistin Johanna Bartz. Sie hat das Ensemble Astrophil & Stella vor rund neun Jahren zusammen mit Kommilitoninnen an der Schola Cantorum Basiliensis gegründet.

    Bartz ist in einem 300-Seelen-Dorf in der Mecklenburgischen Seeplatte aufgewachsen. «Gleich gegenüber von meinem Elternhaus stand die lutherische Dorfkirche», erzählt sie: «In den Gesangbüchern traf ich dort schon auf viel Musik aus dem 16. Jahrhundert.» Als sie 14 war, kam ein neuer Musiklehrer ins Dorf, der Traversflöte spielte. Ob sie nicht auch mal probieren wolle? «Ich hatte überhaupt keine Vorstellung davon, was das genau ist», sagt Bartz, «aber ich dachte, warum eigentlich nicht?» Das Instrument, der hölzerne Vorgänger der Querflöte, weckte schnell ihre Faszination: Nach einem ersten Studium in Berlin fand sie vor zwölf Jahren an die Schola nach Basel und ist «nie wieder weggekommen». Seit 2016 unterrichtet sie an der Musik-Akademie Renaissance-Traverso und Consort – das gemeinsame Musizieren in kleinen Gruppen. Im letzten Herbst durfte sie eine Stelle als Professorin für historische Flöten an der Musikhochschule in Genf antreten.

    Bauernmusik

    Mit ihrem Ensemble spielt Bartz nicht nur das italienische Renaissance-Repertoire der damaligen Oberschicht. Für die Konzerte im Oktober in Dornach und Basel widmet sich Astrophil & Stella etwa der Musik aus den Bauernaufständen von 1525, die bekanntlich auch die Region Basel erreichten. «Wir arbeiten unter anderem mit Instrumenten, die in Traktaten der Renaissance – oft herablassend – als Bauern- oder ‹Lumpeninstrumente› beschrieben wurden.» Dazu gehören zum Beispiel das Hackbrett oder die Strohfiedel, ein historischer Vorläufer des Xylofons. Bartz selbst spielt neben dem Traverso auch eine Knochenflöte, ein beliebtes Instrument des Spätmittelalters. «Wir möchten der Frage nachgehen, wie es im ländlichen Basel vor 500 Jahren geklungen haben könnte», erklärt sie.

    Astrophil & Stella, Konzert «1525 – Es chunnt wie’s mues»: Do 23.10., 16–17.15, Klosterkirche Dornach, und Fr 24.10., 19–20.15, Kirche Sacré-Cœur Basel, www.astrophilandstella.com

     

     

loading...