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    Von Pionierinnen und Penaltys

    PROZ, Juli/August 2025, S. 20/21

    Nina Hurni, Sabine Knosala

    Vom 2. bis am 27. Juli findet die Uefa Women’s Euro in Basel und weiteren Schweizer Städten statt. Auch neben dem Spielfeld tut sich was: Mit Büchern, Musik, Kunst, Film, Ausstellungen und einem Stadtrundgang kann man das Fussballfest kulturell feiern.

    Starke Stimmen in der Fan-Zone

    Der Eurovision Song Contest hat es vorgemacht, nun zieht die Uefa Women’s Euro nach: In der Fan-Zone auf dem Barfüsserplatz wird ein vielfältiges Konzertprogramm angeboten, das erst noch gratis ist. Für die künstlerische Leitung konnten mit Steffi Klär und Jennifer Perez alias La Nefera zwei Profis engagiert werden. Der Fokus liegt, passend zur Uefa Women’s Euro, auf Musikerinnen. Auf der «Stage of Emotions» werden unter anderem Steiner & Madlaina, NNAVY, Bettina Schelker, svmthoX, Samora und Disco Experience auftreten. Los geht es am Abend vor Beginn der Euro mit Moopools und Anna Rossinelli, wobei letztere noch befreundete Musikerinnen wie Amoa oder Nicole Bernegger auf die Bühne holt. Die weiteren Konzerte finden in der dritten Turnierwoche von Dienstag bis Sonntag statt.

    Konzerte: Di 1.7. + Di 22.7. bis So 27.7., Barfüsserplatz Basel, www.weuro2025basel.ch

    Langer Match zur Gleichberechtigung

    Wussten Sie, dass Fussball für Frauen in vielen Ländern bis in die 1970er offiziell verboten war? Und dass Fussballspiele von Frauen erst seit den 90ern die gleiche Spielzeit haben wie die von Männern, weil man ihnen 90 Minuten erst nicht zutraute? «Das Recht zu kicken – Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs» ist eine historische Übersicht von den ersten Belegen für fussballspielende Frauen in der Schweiz in den 1920ern bis heute. Die Autorinnen Marianne Meier und Monika Hofmann zeigen aber auch, was noch geschehen muss. Frauen können selbst in der ersten Liga oft nicht vom Fussball leben und Medienberichte konzentrieren sich nicht selten mehr auf das Aussehen als auf die sportliche Leistung.

    Besonders eindrücklich sind die Interviews mit bedeutenden Frauen des Schweizer Fussballs. Beispielsweise Cathy Moser, die in den 70ern für den FC Milano engagiert wurde: Unter der Woche war sie in ihrer Gärtnerinnenlehre in Yverdon, und am Samstag fuhr sie direkt zum Match. 1972 schoss sie beide Tore gegen Frankreich an der ersten offiziellen internationalen Frauenpartie, die, oha, in Basel stattfand! Oder Nicole Petignat, die Schiedsrichterin, die sich in die 1. Liga der Männer hocharbeitete und oft angefeindet wurde: «‹Nutte› war für mich wie ein ‹Bonjour›.» Sogar ihr Mann mochte ihren Aufstieg nicht, weil ihr zu viele Männer zuschauen würden. Sie sagte ihm: «Ich entscheide mich dafür, Schiedsrichterin zu sein – wenn du mich deswegen nicht mehr willst, c’est fini.»

    Das Buch «Das Recht zu kicken» ist eine Hommage an die Pionierinnen und zeigt, wie wichtig Vorbilder für eine Veränderung sind. Auch aktuelle Fussballerinnen kommen zu Wort – zum Beispiel Alisha Lehmann.

    Lieber kein Sachbuch? In der eben erschienenen Graphic Novel «Coumba Sow – Ein Weg aus Liebe zum Fussball» erzählt Licia Chery die Geschichte der Schweizer Nati-Fussballerin Coumba Sow – berührend und bestärkend, illustriert von Chevelin Pierre.

    Marianne Meier, Monika Hofmann, Sachbuch «Das Recht zu kicken – Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs»: Hier und Jetzt, Zürich, 2025. 336 S., gb., ca. CHF 39

    Buchvernissage: Sa 12.7., 18 h, Fussballkulturbar Didi:Offensiv, Basel, www.didioffensiv.ch

    Licia Chery (Text), Chevelin Pierre (Ill.), Graphic Novel «Coumba Sow – Ein Weg aus Liebe zum Fussball»: Les Editions Visibles, Genf, 2025. 56 S., kt., ab 12 Jahren, CHF 30

    Ausserdem: Lesung «Fussball anders gelesen» mit Marianne Meier und Permi Jhooti: Fr 27.6., 17 h, Fussballkulturbar Didi:Offensiv, Basel, www.didioffensiv.ch

     

    Spaziergang durch die Geschichte

    Wer Geschichten lieber erzählt bekommt, als sie selber zu lesen, schliesst sich am besten dem Frauenstadtrundgang «Geschichten aus dem Abseits» zu Sport, Gender und Inklusion an, den der Verein in Kooperation mit dem FCB-Museum ausgearbeitet hat. Der Rundgang erzählt von Katharina Wittich, die 1893 eine bedeutende Rolle für die Etablierung des FCB gespielt hat, der ehemaligen FCB-Fussballerin Aurélie Csillag und einer Baselbieter Bergsportlerin. Es geht aber auch um Fragen, die über die Region hinausreichen: Welche Anerkennung bekommen Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung? Wie wirkt sich die Kommerzialisierung auf den Sport aus? Nach welchen Kriterien wird Geschlecht im Sport eingeteilt?

    «Im Sport werden Geschlechterrollen besonders stark gezeigt und hergestellt», sagt Salome Bender, Historikerin und Projektleiterin, des neu ausgearbeiteten Stadtrundgangs, die selbst leidenschaftliche Sportlerin ist. Als um 1900 Sport als Hobby populär wurde, schlossen Männer die Frauen kategorisch aus: «Bei jeder Sportart fand sich eine andere Ausrede: Es schüttelt die Geschlechtsorgane durch, es ist nicht sittsam, sie sind körperlich nicht fähig dazu.» Als Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg vermehrt zu Wettkämpfen zugelassen wurden, mussten sie erniedrigende Verfahren über sich ergehen lassen, die feststellen sollten, ob sie wirklich Frauen waren.

    Das hält zum Teil bis heute an. Die in den Medien sehr rücksichtslos geführten Debatten um die Leichtathletin Caster Semenia oder die Boxerin Imane Khelif sind nur zwei Beispiele dafür. In Lausanne befindet sich der Gerichtshof für Sport, der über solche Fälle entscheidet, doch mehr und mehr zeigt die Wissenschaft auf, dass die biologische Einteilung in zwei Geschlechter nicht klar möglich ist. Gäbe es allenfalls andere Möglichkeiten? Und was ist mit Transpersonen? Der Rundgang könne solche Fragen nicht auflösen, sagt Bender und ergänzt: «Es ist es aber wert, sich zu fragen: Wieso muss das so sein? Viele Sachen machen wir nur, weil ‹es schon immer so war›.»

    Frauen-Stadtrundgang «Geschichten aus dem Abseits»: Sa 16.8., 14 h, Treffpunkt neben der Barfüsserkirche, weitere Termine im Herbst, www.frauenstadtrundgang-basel.ch

     

    Pokale bestaunen im Museum

    Nicht jede/r hat das Glück, einmal selber einen Pokal zu gewinnen und schon gar nicht an so einem prestigeträchtigen Turnier wie der Uefa Women’s Euro. Aber träumen kann man ja und zwar am besten im Historischen Museum Basel: Während der Uefa Women’s Euro präsentiert es in der Barfüsserkirche eine Auswahl der begehrten Fussballtrophäen. Darunter sind der EM-Pokal der Frauen, weitere originale Uefa-Trophäen aus dem internationalen Frauen- und Männerfussball sowie die Schweizer Meisterpokale des FC Basel von 2015 und, ganz aktuell, 2025. Für das persönliche Erfolgserlebnis sorgt eine interaktive Station, an der man den Pokal, um den sich im Juli alles dreht, selbst in die Höhe stemmen kann. Übrigens: Der Eintritt zur Pokalausstellung ist frei.

    Auch das Tinguely Museum hat sich für den Grossanlass etwas einfallen lassen: Hier erhalten Gäste mit Match-Ticket oder Trikot vergünstigten Eintritt, ergänzt durch eine Kunst-Geisterbahn im Solitude-Park und einen EM-Beach mit Torwand und Rheinzugang.

    Historisch Interessierte sind dagegen in der Fussballkulturbar Didi:Offensiv richtig: Dort erzählt eine Ausstellung anhand von historischen und aktuellen Bildern die Entwicklung des Frauenfussballs in der Nordwestschweiz von seinen Anfängen bis heute.

    Ausstellung «Pokale zum Träumen»: 2.7. bis 27.7., Di–So 11–17 h, Historisches Museum Basel, Barfüsserkirche, www.hmb.ch

    Museum Tinguely, Basel, www.tinguely.ch

    Ausstellung «Fussballerinnen. Kämpferinnen. Heldinnen»: bis Mo 4.8., Fussballkulturbar Didi:Offensiv, Basel, www.didioffensiv.ch

     

    Kino mit «Kick It Like Beckham»

    Dass die Stadt Basel bei einer Fussball-Meisterschaft Public Viewing anbietet, liegt auf der Hand. An zwei Abenden verwandelt sich die Fan-Zone auf dem Barfüsserplatz aber auch in ein Open-Air-Kino. Gezeigt werden Klassiker unter den Fussballfilmen wie zum Beispiel «Kick It Like Beckham» um ein indisch-stämmiges Mädchen, das unbedingt Fussball spielen will, aber auch eine Doku über das Leben der Schweizer Frauenfussball-Nationalmannschaft und das Biopic «Marinette», das von
    der gleichnamigen, französischen Fussballerin handelt. 

    Movie Nights: Di 15.7., 19 h, «Kick It Like Beckham», 21.15 «Die Nati: Mehr als
    11 Fussballerinnen»

    So 20.7., 19 h, «Marinette – Kämpferin. Fussballerin. Legende.», 21.15 «Das Wunder von Bern», Barfüsserplatz Basel,
    www.weuro2025basel.ch

    Ausserdem: Filmabend «Marinette und Co.»: Fr 27.6., 18.30, Fussballkulturbar Didi:Offensiv, Basel, www.didioffensiv.ch

     

    Fussbälle als Willkommensgruss

    Neu begrüsst die Installation «Am laufenden Ball» die ankommenden Passagiere am
    EuroAirport: Das Gepäckband ist mit überdimensionalen Fussbällen beklebt, wodurch der Eindruck entsteht, sie würden endlos über das Band «rollen» – ein visuelles Spiel mit der Sprache des Fussballs. Der Titel «Am laufenden Ball» steht sinnbildlich für Aktualität und Bewegung. Gleichzeitig spielt die Installation wortwörtlich auf das Bild der «Bälle am laufenden Band» an – ein sportlicher Empfang nach einer Idee des Basler Kulturunternehmers Klaus Littmann. Damit will die Stadt Basel deutlich machen: Hier ist man nicht nur gut gelandet, sondern mittendrin im Fussballfieber.

    Klaus Littmann, Installation «Am laufenden Ball»: bis Mitte August, EuroAirport Basel, www.weuro2025basel.ch

     

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