PROZ, Juni 2025, S. 13
Nina Hurni
Das Imagine Festival steht an, dieses Jahr unter dem Thema «unsichtbare Gewalt». Ein Blick hinter die Kulissen mit Amanda dos Reis und Fama Diouf, den Verantwortlichen für Sensibilisierung und Awareness.
Zwei Tage Musik und Programm, mitten auf dem Barfi, für mehrere zehntausend Leute: Das ist das Imagine Festival. «Wir haben das Privileg und die Herausforderung, einen der öffentlichsten Plätze in Basel zu bespielen», sagt Fama Diouf, die mit Amanda dos Reis für den Bereich Sensibilisierung und Awareness zuständig ist. «Wir haben die Verantwortung: Welchen Raum schaffen wir? Für wen?» Das Ziel sei, dass sich möglichst alle wohlfühlen und Spass haben können.
Das Imagine ist ein Projekt für Vielfalt und gegen Diskriminierung, das auch abgesehen vom jährlichen Festival viele Veranstaltungen, Workshops und Diskussionsrunden zur Sensibilisierung von jungen Menschen organisiert. Als Jahresthema begleitet das junge Team die «unsichtbare Gewalt». Gemeint sind alltägliche Mikroagressionen oder auch Mansplaining. «Das ist eine subtile und selbstverständliche Art, Raum einzunehmen, die Ausdruck von grösseren Strukturen ist», beschreibt Diouf. Da der zweite Festivaltag auf den feministischen Streik am 14. Juni fällt, hat sich das Imagine-Team mit dem Streikkollektiv zusammengesetzt: Sie planen gemeinsam eine Podiumsdiskussion.
Wichtig ist auch Awareness am Festival. Das bedeutet so viel wie «Achtsamkeit» und heisst: «Wir stellen Leute auf den Platz, die Kapazitäten haben, sich darum zu kümmern, wie es den Menschen geht – auch abgesehen von Extremfällen wie Schlägereien, bei denen Sicherheitspersonal eingreift», erklärt dos Reis. Das Awareness-Team mache eine Grundhaltung sichtbar und wirke damit auch präventiv, ergänzt Diouf: «Wie wirke ich auf andere? Wie wirken andere auf mich?» Ausserdem betreut es Betroffene von Belästigungen oder Übergriffen kurzfristig.
Über das Imagine hinaus
Gemeinsam mit der Opferhilfe beider Basel wurde in den letzten Jahren ein neues Konzept ausgearbeitet und Material gestaltet, um das Awareness-Team sichtbarer zu machen. Die Opferhilfe schult ausserdem die Freiwilligen in einem mehrstündigen Workshop vor dem Festival und ist mit einer Person während des ganzen Events vor Ort vertreten. Diese Kooperation sei extrem wichtig, betont dos Reis, «weil sie Profis sind, und wir viel von ihnen lernen können». Begleitet wird das Awarenessteam von Sicherheitspersonal der Firma «taktvoll», die grossen Wert auf deeskalierende Arbeit legt. Bereits am letzten Festival habe sich diese Zusammenarbeit bewährt.
Das Awareness-Konzept und die Materialien wie Hüte, Westen und ein Zelt in leuchtendem Pink sind aber nicht nur für das Imagine gedacht, sondern stehen auch anderen Festivals im Raum Basel zur Verfügung. Letztes Jahr waren sie am Pärklijam im Einsatz, diesen Herbst ist eine Ausleihe ans Jugendkulturfestival geplant. So macht das Imagine Awareness auch für andere zugänglicher. Dass auch der Eurovision Song Contest auf ein Awareness-Konzept setzt, freut dos Reis: «Das ist ein riesiger Schritt, dass dieses Thema an einem Grossevent angekommen ist.» Sie hofft nun, dass dies weitere Entwicklungen anstossen wird.
Imagine Festival mit kraftvollem Line-up
Am 13. und 14. Juni setzt das Imagine Festival auf dem Basler Barfüsserplatz ein starkes Zeichen für Vielfalt und gegen Diskriminierung: Das Line-up zeigt, wie kraftvoll und divers die Schweizer Musikszene ist – mit Acts wie der guatemaltekisch-schweizerischen Rapperin Baby Volcano, die Cumbia-Rhythmen mit feministischem Sprechgesang vereint, oder Sami Galbi, der algerische Genres wie Rai und Chaâbi mit Clubbeats mischt. Ein Highlight ist sicher auch Nelia Masengu, eine aufstrebende Basler Künstlerin, die ehrlich berührenden Indie-Soul auf Französisch, Englisch und Lingala singt. Dazu kommen internationale Acts, aber auch Podiumsdiskussionen, Tanzperformances und eine Drag-Show.
Imagine Festival: Fr 13.6. & Sa 14.6., Barfüsserplatz, Basel, www.imaginebasel.ch