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    Ein Hoch auf den Unsinn

    PROZ, Mai 2025, S. 22/23

    Nina Hurni

    Die Basler Tänzerin und Choreografin Rebecca Weingartner feiert mit ihrem Stück «Gugus!» für ein junges Publikum Premiere, das jedoch nicht weniger politisch ist als die vorhergehenden «Equality!» und «Solidarity!».

    Im Hintergrund hängen Bleche und Gugelhopfformen, am Boden eine gerollte Blache, die sich bald als Riesentröte erweisen wird, und ein Schleuderbrett. Rebecca Weingartner tigert auf der Probebühne herum. «Es ist so ungewohnt, mich nicht auch einzuwärmen», sagt die Tänzerin und Choreografin, während sich die beiden Tänzer und Akrobaten Guihem Charrier und Demian Bucci für die Probe bereit machen. Für ihr Stück «Gugus!» wird Weingartner zum ersten Mal nicht selbst auf der Bühne stehen, sondern sich ausschliesslich auf die Choreografie konzentrieren.

    Tanztrilogie

    Rebecca Weingartners aktuelles Projekt ist eine interaktive Tanztrilogie für ein junges Publikum. Ihre Mission ist es, einerseits Leute ins Theater zu bringen, die sich dort sonst nicht abgeholt fühlen und andererseits politisch komplexe Inhalte zugänglich zu machen: Der erste Teil «Equality!» nahm im feministischen Streik seinen Anfang. In «Solidarity!» ging es um Räume, die sie sich als Kind, das Rassismus erfahren musste, gewünscht hätte. Weingartner feierte mit diesen Stücken grosse Erfolge und ging international auf Tournee.

    Nun steht mit «Gugus!» das keineswegs weniger politische Finale an. Es geht dabei laut Weingartner um kreative Freiräume, die in unserem Alltag kleiner werden – gerade für Kinder: «Sie werden immer früher zu Leistungsmenschen gemacht.» Kreativität und Freiraum hätten zu wenig Bedeutung in unserer Welt, findet Weingartner, dabei verlange das Leben sie überall von uns. Damit meint sie nicht nur in der Kunst, «sondern die Kreativität, wie man am Morgen aufsteht, wie man isst, wie man mit jemandem redet. Kreativität ist ein Teil von unserem Alltag und Nahrung für die Seele.»

    Der Mensch als Wunder

    Zum Stück sagt Weingartner: «Es wird ganz vieles. Wir haben die ganze Farbpalette ausprobiert, alle Schubladen getestet von Artistik, Tanz, Slapstick, Objekttheater, Lautmalerei.» Gugus ist eine Hommage an Dada und eine Antwort auf den Ernst der Zeit. «Mein Ziel ist es, dass man das Stück mit einem Gefühl verlässt von dem Wunder, das wir als Mensch sind.» Eine Explosion von Kreativität, zu der auch der Musiker und Komponist Donath Weyeneth beiträgt, der seine Gitarre aus einem Ölkanister gebaut hat, sowie die Kostüme von Jakob Hodel, welche die Artisten in ein einziges vielarmiges Wesen verwandeln. 

    Ihr Wille, verschiedene Menschen mitzunehmen, hat viel mit ihrer Herkunft zu tun. «Ich sehe mich als Brückenbauerin zwischen Kulturen und Klassen. Das ist mein Antrieb.» Als Tochter einer Hong-Kong-Chinesin und eines Schweizers in einer eher kulturfernen Familie kam sie aus purem Zufall zum Tanz. In Basel fühlte sie sich früher nie zu Hause, weil ihr immer wieder gespiegelt wurde, dass sie nicht von hier sein kann. «Das Gefühl der Zugehörigkeit musste ich mir erarbeiten.» Heute fühlt sie sich deswegen mit Basel verbunden. Ihr künstlerisches Zuhause ist das Roxy Birsfelden, mit dem sie eine lange Beziehung verbindet, und wo auch «Gugus» Premiere feiern wird. Weingartner betont: «Kunst ist ein Grundbedürfnis. In allen Krisen überall ist es das Singen, Spielen und Theatermachen, was die Leute am Leben hält.» Weil dies gerade in dunklen Momenten Möglichkeiten biete, die Welt neu zu denken.

    www.rebeccaweingartner.com

    Rebecca Weingartner, «Gugus!»: Premiere Di 29.4., 9.30, Roxy Birsfelden, www.theater-roxy.ch

    Ausserdem: Wildwuchs Festival: Fr 23.5. bis So 8.6., diverse Orte in Basel, www.wildwuchs.ch

     

    Tanzfest Basel feiert Jubiläum

    nih. Vom 14. bis 18. Mai findet zum 20. Mal das Tanzfest Schweiz statt. Zu diesem Jubiläum bietet die Region Basel ein besonders vielfältiges Programm: Über 60 Tanzschaffende laden mit mehr als 100 Einzel-Events an rund 45 Locations zum Begegnen, Geniessen und Mittanzen ein. Neben Kulturhäusern wie der Kaserne oder dem Cheesmeyer Sissach werden auch Museen wie das Museum Tinguely und weitere Orte wie die Markthalle und verschiedene Parks zu Schauplätzen. Das Programm umfasst neben Vorführungen auch diverse Kurse und Partys. Erstmals gibt es am Tanzfest Basel Events für Seniorinnen und Senioren: Ein Highlight ist das Gastspiel von Rebecca Weingartners Produktion «Gugus!» im Alterszentrum Birsfelden mit einem Bewegungsworkshop für alle ab 70 Jahren. Zudem wird dieses Jahr der Eurovision Song Contest miteinbezogen: So gibt es einen Flashmob zu Nemos «The Code», choreografiert vom Basler Tänzer Muhammed Kaltuk.

    Tanzfest Basel: Mi 14.5. bis So 18.5., Region Basel, www.dastanzfest.ch/basel

    Rebecca Weingartner am Tanzfest Basel: Fr 16.5., 15 h, Bewegungsworkshop für alle ab 70 Jahren, So 18.5., 15 h, Gastspiel von «Gugus!», jeweils Alterszentrum Birsfelden (Reservationen bitte an mitmachen@theater-roxy.ch)

     

     

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