PROZ, Juni 2024, S. 21
Annette Mahro
Vor 81 Jahren wurde Frank Martins «Ein Totentanz zu Basel» uraufgeführt. Jetzt kehrt das Werk als monumentales Freilichtspektakel auf den Münsterplatz zurück.
Zur Feier des 50. Todesjahrs des Komponisten Frank Martin wird das Mammutwerk «Ein Totentanz zu Basel» neu inszeniert, und das an dem Ort, für den es 1943 geschrieben wurde. Mit von der Partie ist bei dem Stück für Orchester, zwei Chöre, Ballett und ausdrücklich so notierte Basler Trommeln das Orchestre de Chambre de Genève unter dem Dirigat von Arie van Beek. Als besonderes Highlight konnte der Choreograf und langjährige Basler Ballettchef Richard Wherlock mit einem eigens für die Produktion zusammengestellten, zwölfköpfigen Ensemble verpflichtet werden. Wherlock, so erzählt es Mitorganisator Raphael Bachmann, habe quasi zugesagt, ohne nachzudenken.
Arena mit 2500 Plätzen
Hinzu kommen in einer Art Vorspiel im Himmel der Stadtposaunenchor, die Knabenkantorei, acht Baritone und, unter der musikalischen Gesamtleitung von Mitinitiatorin Edith Habraken, ein kleines Heer von Basler Tambouren. Der gut dreistündige Abend teilt sich in zwei Partien, wobei die erste noch frei über den Platz verteilt mit Moritatensängern aus der Schnitzelbankszene, einem Gastspiel des Marionettentheaters, bewegten Grossskulpturen und einigem mehr zum bewegten Memento mori wird. Erst dann beginnt in der mit 2500 Plätzen riesigen, temporär aufgebauten Arena, das eigentliche Stück.
Spartenübergreifend
Die Inszenierung lehne sich an die Originalvorlage an, nicht ohne das Ganze aber behutsam in die Gegenwart zu holen, erklärt Regisseur Bachmann. Neu ist auch ein illuminiertes, knapp vier mal vier Meter grosses Buch, das der Künstler und Laternenmaler Pascal Joray als durch die Szenen führenden Teil des Bühnenbilds beisteuert. «Ganz wichtig war uns ein Projekt für alle Künste», betont Joray, auch er Teil der Organisationsteams. Musik und Tanz, darstellende und bildende Kunst sind dabei und mit Johann Peter Hebel kommt auch die Literatur zu Wort.
Und wo bleibt der eigentliche Basler Totentanz, die 1440 entstandene Wandmalerei auf der Friedhofsmauer der Predigerkirche, die nach dem berühmten Nacht-und-Nebel-Abbruch 1805 heute bekanntlich nur noch in 19 im Historischen Museum verwahrten Fragmenten existiert? Nicht allen, aber einigen der darin dargestellten Figuren, wie etwa dem alten Mann oder der jungen Frau, die der Tod zum Tanz auffordert, wird man in der Neuinszenierung wieder begegnen. Dass hier ein nachdenkliches, aber nicht nur finsteres Event zu erwarten ist, das bezeugt als eine Art springender Punkt die Farbe Gelb, die hier Anfang und Ende zugleich symbolisiert.
Für die Veranstalter, die eigens gegründete Basler Totentanz GmbH, ist das Grossevent unter freiem Himmel ein besonderes Wagnis. Dass Frank Martin neben Arthur Honegger als namhaftester Schweizer Komponist im 20. Jahrhundert gilt, ändert da nur wenig. Und das Zielpublikum? «... ist generationenübergreifend», lacht Raphael Bachmann, «die nächste Grossaufführung kommt frühestens in 80 Jahren wieder».
«Ein Totentanz zu Basel»: Mo 24.6. bis Sa. 29.6., 19–22.15, Münsterplatz, Basel, www.totentanz-basel.com