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    Vom Paradies bis zur Apokalypse

    PROZ, Januar 2024, S. 23

    Christoph Dieffenbacher

    Die Schauspielerin Betty Dieterle und die Musikerin Marianne Racine bringen die Abgründe der west­lichen Kulturgeschichte auf die Bühne des Theaters Teufelhof.

    Schon bei der Geschichte mit dem Apfel gibts Probleme: Adam, Eva und die Schlange erinnern sich ganz unterschiedlich, wie es zur Vertreibung aus dem Paradies kam und wer daran schuld war. Weiss man, wo Gott hockt, nachdem die Frucht vom Baum der Erkenntnis gepflückt ist? Und später: Warum wurde die Botschaft von Jesus von Gleichheit und Nächstenliebe in ihr Gegenteil verkehrt? Wer hat behauptet, Frauen seien Wesen zweiter Klasse? Schliesslich: Wie konnte die Welt in den heutigen Zustand voller Krisen und Kriege geraten? 

    Von der Weltentstehung über allerlei Legenden, Vorurteile und Klischees bis zum Knall am Ende der Zeiten: Davon handelt das neue Programm «Apocalypso Blues» der Schauspielerin Betty (Bettina) Dieterle und der Jazzsängerin und Pianistin Marianne Racine aus Schweden. Satirische Texte, eigene und gecoverte Songs, dazu kunstvolle Balladen: In den Formen des klassischen Kabaretts erklären die beiden unterhaltend, humorvoll und subversiv, singend und rezitierend, wie es mit der Menschheit so weit kommen konnte – und was Machtstrukturen und das Patriarchat damit zu tun haben. 

    «Mischung aus Diva, Clown und Punkerin»

    Nach dem «Suffragetten Blues» und dem «Ego Blues» zeigen die beiden gestandenen Akteurinnen ihr drittes Programm im Basler Theater Teufelhof. Zu erwarten seien zwei Stunden freches und kurzweiliges Kabarett «mit Punk und Poesie», sagt Dieterle. Begonnen hatte die Baslerin als Aktivistin und Bandsängerin in der 80er-Jugendbewegung, wurde Schauspielerin und Regisseurin, tat beim Frauenkabarett Acapickels sowie in Filmen und TV-Serien mit. Ihr Publikum kenne sie seit Jahren als eine «Mischung aus Diva, Clown und Punkerin». Von den abendfüllenden Stand-up-Comedy mit ihren künstlichen Lachsalven hält sie wenig. Sie mag es, wenn es im Saal ganz still wird.

    Zu solchen nachdenklichen Momenten wird es an den Vorstellungen wohl mehrmals kommen – angesichts des heraufbeschworenen Weltuntergangs mit dem Ende des Homo sapiens. Die beiden Kabarettistinnen scheinen uns aber halbwegs zu beruhigen, wenn sie von sich schreiben: «Hoffnungslos positiv und voll Vertrauen, dass es doch noch schiefgeht, blicken sie in eine paradiesisch apokalyptische Zukunft.» Im Paradies war schliesslich auch nicht alles perfekt. Dieterle weiss aber, welche politischen Botschaften sie ihrem Publikum nahebringen will: «Gewalt wird nie etwas Gutes hervorbringen. Wir sind nur ein Teil der Schöpfung. Etwas mehr Demut würde uns gut anstehen. Und: Frauen haben etwas zu sagen.» 

    «Apocalypso Blues»: Basler Premiere, Do 18.1., 20.30, Theater Teufelhof, Basel, www.theater-teufelhof.ch

     

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